Die erste urkundliche Erwähnung

Alsbald war das Villanderer Silber eine ansehnliche Bereicherung für das Stift, das 1142 der legendäre und selige Hartmann zusammen mit dem Säbener Burggrafen Reginbert gegründet hatte. Im Jahre 1177 bestätigte Kaiser Friedrich I. Barbarossa in Venedig diese Schenkung, die dadurch erst Rechtskraft erhielt.

Zwölf Jahre später belehnte Barbarossa den Bischof Heinrich III. von Brixen (1178–1196) und dessen Nachfolger mit den im stiftischen Gebiet befindlichen Silbergruben, von deren Ertrag dem Kaiser allerdings die Hälfte ausgehändigt werden musste.

Am 21. Dezember 1217 erweiterte König Friedrich II. die Rechte des Hochstiftes, indem er durch eine Urkunde auf dem Reichstag zu Nürnberg alle Silber-, Metall- und Salzgruben, die in seinem Gebiet gefunden würden, dem Brixner Bischof Bertold I. von Neifen (1216–1224), verlieh und ihm somit das volle Recht über den Bergbau zuerkannte.

Am 7. Dezember 1452 stattete Kaiser Friedrich III. das Hochstift Brixen ebenfalls mit einigen den Bergbau betreffenden Freiheiten aus. Zu diesem Zeitpunkt war der bekannte Kardinal Nikolaus Cusanus Bischof von Brixen (1450–1464). Auch eine Urkunde aus dem Jahre 1331 spricht vomSilberbergwerk auf Villanders. Allerdings ist unklar, ob diese bzw. frühere Urkunden sich auf den Bergbau am Pfunderer oder am Villanderer Berg beziehen.

Das Bergwerk wechselte in den Geschichtsbüchern auch einige Male den Namen. Um 1300 wurde das Bergwerk bei Klausen nach dem im 12. Jht. erbauten Schloss Garnstein (oder Gerstein) benannt. Die Tatsache, dass im abgelegenen Thinnetal, am Fuße des Bergbaugebietes, eine Festung erbaut wurde, deutet auf die Wichtigkeit das Bergwerkes hin.

1330 heißt es in einer Urkunde „(Heinrich) erlaubt haben ze paun und ze arbeiten den ganch des silberaereztes üf dem perg ze Vilanders, da unten an stözzt der hof ze Pfunt“  (Pfunderer). Dieser liegt an der ostseitigen Abdachung des Berges auf einer Meereshöhe von 1315m und erstmals im Jahre 1332 als „Phunt“-Hof Erwähnung findet. Auch der Pfunderer Berg trug früher den Namen „Phunt“-Berg.

 

Die geografische Lage des Bergbaugebietes >

Die geografische Lage des Bergbaugebietes

Der Thinnebach wird zum Großteil durch das Wasser der ausgedehnten Weiden, Wiesen und Moore der Villanderer Alm gespeist, wo ebenfalls Bergbau betrieben wurde. Die Stadt Klausen wurde wiederholt durch Hochwasser und Schuttmassen aus dem Thinnetal heimgesucht, was schwere Schäden verursachte. Wo im Thinnetal der Plankenbach in den Thinnebach mündet, steht auf einem Felsvorsprung das Schloss Garnstein, das in der Geschichte des Bergbaus eine nicht unwesentliche Rolle gespielt hat. Das Gebiet Bergwerk Villanders, das heute größtenteils zur Gemeinde Villanders gehört, gilt als eines der ältesten und zugleich bedeutendsten Bergbaugebiete Tirols und besaß auch ein eigenes Berggericht. Das Abbaugebiet vom Bergwerk Villanders lag hauptsächlich an dessen steiler und bewaldeter Nordostflanke, „Rotlahn“ genannt. Der Abbau auf der Villanderer Alm, der wesentlich älter als der am Bergwerk Villanders sein dürfte, hat sich vor allem am Seeberg und am Sam abgespielt.

Wenn das unscheinbare, tief eingeschnittene Thinnetal heute kaum noch von Bedeutung ist, so spielte es in der Landesgeschichte immer wieder eine gewichtige Rolle. Der Thinnebach war nämlich seit jeher eine wichtige Grenze. Er trennte seit 1027:

  • die Diözesen Brixen und Trient,
  • die alten Grafschaften Bozen und Norital,
  • später die Gerichte Villanders und Latzfons-Verdings bzw. Klausen sowie
  • das Hochstift Brixen und die Grafschaft Tirol.

Dies führte wiederholt zu erbitterten Grenzstreitigkeiten zwischen den einzelnen Parteien, nicht zuletzt wegen der unmittelbaren Nähe des Bergwerks. Allerdings stellte der Thinnebach nicht in seinem gesamten Verlauf die Grenze dar, so dass es immer wieder zu Neuvermessungen und zur Aufstellung von Marksteinen kam.

Ein Teil an der rechten (südlichen) Seite des Baches gehörte noch zum Fürstbistum Brixen, was an und für sich nichts Besonderes wäre, wenn nicht gerade in diesem Gebiet die Erzlagerstätten des Bergwerks Villanders liegen würden. So grenzten Brixen und die Grafschaft Tirol also inmitten des Bergbaugebietes aneinander. Mit jedem neuen Erzfund wurde die Grenzfrage wieder akut. Dies mag auch die Erklärung dafür liefern, dass in dieser abgelegenen Gegend eine Burg (Garnstein) errichtet worden war.

 

< Die erste urkundliche Erwähnung

16. Jahrhundert – Die Blütezeit >

16. Jahrhundert – Die Blütezeit

Cusanus stand immer im Gegensatz zum damaligen Tiroler Landesfürsten Herzog Sigismund dem Münzreichen. So auch in der Bergwerksfrage. Es kam sogar zu gewaltsamen Übernahmen der Gruben, weil beide auf ihre Rechte aus alten Abmachungen pochten.

Erst mit dem Tod von Nikolaus Cusanus (1464) kehrte Ruhe ein. Seine Nachfolger fügten sich den Vorstellungen des Landesfürsten, was bedeutete, dass das Bergwerk an Bergwerksunternehmer (Gewerken) verliehen wird und die Einnahmen je zur Hälfte geteilt würden.

Diese vermögenden Gewerken hatten die finanziellen Mittel um Bergbau zu betreiben, ganz zum Unterschied zu den Landesfürsten, die stets unter chronischer Geldnot litten. Die Abgaben an den Landesfürsten von seiten der Bergwerksunternehmer waren zweierlei: Fron und Wechsel. Die Fron bestand in der Einbehaltung eines jeden zehnten Kübels vom abgebauten Erz, das heißt, jede zehnte Füllung gehörte dem Landesfürsten. Der Wechsel hingegen war eine Abgabe vom geschmolzenen Silber. Diese Einnahmen waren für den Landesfürsten lebenswichtig.

Mit dem Ende der Streitereien und der vertraglichen Verankerung konnte der Bergwerksbetrieb bei Klausen voll anlaufen. Es begann die Blütezeit des Pfunderer Bergwerkes. Die zwei aus Schwaz bekannten Gewerken Hans und Georg Stöckl, die bei Klausen ein Hüttenwerk mit zwei Öfen besaßen, und Hans Paumgartner aus Augsburg betrieben damals den Erzabbau.

Aus dem Jahre 1513 hören wir, dass Hans Stöckl und Hans Paumgartner den Landesfürsten daran erinnerten, dass sie das „kleine und unordentliche Bergwerk“ am Pfunderer Berg in die Höhe zu bringen suchten, so dass jetzt „etlich hundert Mann“ beschäftigt seien. Neben den Paumgartner und den Stöckl waren auch die Fugger aus Augsburg am Pfunderer Bergbau beteiligt. Der Schwerpunkt desFuggerschen Bergbaus lag allerdings bei Schwaz, die Beteiligung der großen Handelsfirma in Klausen war dagegen weniger bedeutend und nur zweitrangig.

Die Stadt Klausen profitierte natürlich Stark vom Aufschwung des Bergwerks. Man bekam ein eigenes Berggericht und der Bergbau bot Arbeit genug. Hunderte Bergknappen, aber auch andere Berufe erlebten eine Blütezeit.

Wie sah der Abbau damals aus? Sprengungen mit Hilfe von Schwarzpulver (und die Technik des sog. “Schlenkerbohrens”) wurden erst sehr spät eingeführt. Bis dahin wurde praktisch jeder Stollen mit Hammer und Meißel geschlagen. Eine sehr mühsame Angelegenheit, ein Bergknappe schaffte pro Tag ungefähr 4cm. Die natürlichen Gegner der Bergknappen waren damals das Wasser, die Belüftung und die Dunkelheit. Da so etwas wie “Fachliteratur” praktisch nicht vorhanden war musste man sich die Techniken selbst aneignen, es entstanden ausgetüftelte Abwasser- und Belüftungssysteme.

Die Erze wurden dann zu Tage befördert, wo fast vor jedem Stollen ein Schwefelofen errichtet war, dort wurden die Erze vorgeschmolzen. Das geschmolzene Erz nannte man Röster. Ein solcher Schwefelofen fasste an die 2000 Kübel Roherz und der Ofen brannte ungefähr 17 – 18 Wochen je nach Wetterlage.

 

Später wurden die Erzröster auf dem Erzweg nach Klausen gebracht, dort stand auf der Frag ein großer Erzkasten, wo die Erze verhüttet wurden. Von dort wurden die Erze in Säcken auf Karren (Grateln) zur Schmelzhütte nach Sulferbruck (Eingang ins Villnössertal) gebracht. Dort waren 6 Stichöfen (ein Hochofen, ein Krummofen, ein Probierofen, ein Zinkofen, ein Rostflammofen und ein Kalkofen) für die Rohschmelzung.

Jährlich wurden ungefähr ca. 16 Tonnen Kupfererze, und 100 kg Silber aufgebracht.

Im ausgehenden 16. Jahrhundert geriet der Silberbergbau in ganz Tirol in eine Krise, die auch Klausen schwer traf. Die Bedeutung des Pfunderer Bergwerkes schwand rapide.

Schon vorher kam es zu Streitereien zwischen den Gewerken der Paumgartner, Stöckl und Fugger.

Zudem erließ in dieser Zeit der Kaiser eine Verordnung, die dem Bergwerksgebiet den Todesstoß gab: Es durfte fast kein Holz mehr gefällt werden. Die Wälder rundherum waren fast zur gänze abgeholzt, da ein Bergwerk eine Unmenge an Holz braucht. Einmal zur Erzeugung von Holzkohle für die Schmieden und Schmelzöfen, zum Anderen als Stützmaterial für die Stollen.

 

< Die geografische Lage des Bergbaugebietes

Familie Jenner in Klausen >

 

 

Familie Jenner in Klausen

Die Familie der Jenner stammte aus Savoyen und war seit dem 16. Jahrhundert in Klausen ansässig. Matthias Jenner wurde 1631 als Sohn des Christoph Jenner, Bürgermeister und Wirt “am Pern in Klausen” und der Maria Peisser in Klausen geboren.

Von 1659 bis 1677 wirkte Jenner als Pfarrer und Dekan in Fügen. lm Auftrag des Brixner Bischofs engagierte er sich sehr bei der Lösung einiger Probleme in der Abtei St. Georgenberg Fiecht und lernte dabei den Orden der Benediktiner kennen.

In seinem Pfarrbezirk wurde er auch mit dem Bergbau konfrontiert. Er entschloß sich, in den Hohen Tauern nach Gold und am Bergwerk Villanders nach Silber schürfen zu lassen.

Im Jahre 1677 wurde Jenner Spitalverwalter und Dekan in Klausen. Zwei Jahre später bekam er eine Domherrenstelle in Brixen. Bereits 1681 beganner seinen Plan, in Säben ein Kloster zu gründen, in die Tat umzusetzen. Das nötige Kapital für dieses Projekt stammte hauptsächlich aus den Erträgen des Bergwerks Villanders , welchem er zu einer zweiten kleineren Blütezeit verhalf. Jenner ließ 1688 außerdem am Ausgang des Villnößtales bei Sulfersbruck eine neue Schmelzhütte (Erzschmelzhütte Schmelze -Sulferbruck) erbauen. Er erbaut auch der stattliche Ansitz Seebegg (Bergamt) in Klausen.

Im Jahre 1681 bat Jenner Bischof Paulinus Mayr (1677-1685), auf Säben ein Haus bauen zu dürfen. Als Architekt wollte er den “beriernbten ” Peter Delai aus Bozen verpflichten. Nachdem der Bischof den Plan

genehmigt hatte, entschloß sich Jenner, dort Nonnen aus dem Benediktinerinnenstift Nonnberg bei Salzburg anzusiedeln. Auf dieses Frauenkloster war er gekommen, weil dort zwei seiner Cousinen als Klosterfrauen eingetreten waren. So trat Jenner mit der Äbtissin Johanna Franziska von Rehling in Verbindung, die dem Plan wohlwollend gegenüberstand.

Im November 1686 wurde die Gründungsurkunde ausgestellt und Frau Agnes Zeiller zur Priorin ernannt. Am feierlichen Eröffnungsakt nahmen auch der Brixner Weihbischof Wilhelm Vintler sowie Vertreter des Domkapitels und des Hofrates teil.

Bis dahin galt es aber noch so manche Schwierigkeiten zu überwinden. Die ersten Schwestern kamen bereits während er Bauzeit und hatten es nicht leicht. Es fehlte an allem. Das Essen mußte aus Klausen gebracht werden. Die Wasserversorgung war äußerst dürftig. Es gab keine geistliche Führung. Nichtsdestoweniger meldete sich bald der erste langersehnte Spiritual. Es handelte sich um P. Christoph Jäger aus St. Lambrecht. Durch den Tod des Brixner Bischofs Paulinus Mayr im September 1685 erlitt das Kloster einen schweren Schlag. Das Domkapitel, das für dieses Projekt nie große Sympathien hegte, begann wieder Schwierigkeiten zu machen. Es informierte den Erzbischof von Salzburg über unzumutbare Zustände auf Säben, so daß dieser sogar die Nonnen aufforderte, wieder an die Salzach zurückzukehren. In dieser verzweifelten Lage wandte sich Jenner an Johann Franz von Khuen (1685-1702), den neuen Bischof von Brixen, der sich sogleich für das Kloster einsetzte und erreichte, daß die Nonnen weiterhin auf Säben bleiben konnten.

Im Jahre 1691 starb Matthias Jenner. Vor dem Hochaltar der Säbener Abteikirche fand er seine letzte Ruhestätte. Laut Überlieferung waren seine letzten Worte: “Seeben, Seeben”.

Sein Bruder Michael Jenner führte seine Geschäfte weiter und wurde 1696 vom Kaiser in den Adelsstand erhoben.

 

< 16. Jahrhundert – Die Blütezeit

Die Familie Fugger >

Die Familie Fugger

Bild: Jakob Fugger

 

Am Pfunderer Bergbau waren die Fugger auch beteiligt, der Schwerpunkt des Fuggerschen Bergbaus blieb allerdings immer bei Schwaz. Die Beteiligung in Klausen war weniger bedeutend und nur zweitrangig. Am 1. Januar 1522 hatte Jakob Fugger bereits Hans Stöckl dessen Hälfte, die dieser mit Hans Paumgartner im Klausner und Rattenberger Berg- und Schmelzhandel besaß, um 3.000 Gulden abgekauft.

Jakob Fugger und nach ihm sein Neffe Anton Fugger ließen zusammen mit Hans Paumgartner die Gruben Landskron, St. Elisabeth, Unser Frauen Himmelfahrt, Heilig Kreuz, St. Georg im Rosstal, St. Daniel, St. Stephan und St. Christoph zu Garnstein bearbeiten. Der Landesfürst hatte Anteile an der Grube St. Georg.

Nachdem Anton Fugger 1527 die Bergwerksanteile des Jobst Engensteiner an den Gruben St. Elisabeth und St. Anna dazugekauft hatte, trat ihm auch Hans Paumgartner seine Anteile an diesen Gruben ab, wodurch der Fuggersche Einfluss auf den Klausner Bergbau erheblich wuchs.

Zur Sammlung und Lagerung der Erze aus diesem Bergrevier hatten die Fugger am südlichen Ende von Klausen „auf der Frag“, einen Erzkasten. Von hier wurden die Erze zuerst nach Sterzing, später nach Grasstein (zwischen Sterzing und Brixen) zur Verhüttung geführt, doch die schwindende Rentabilität des europäischen Bergbaus machte auch den Fuggern zu schaffen. Ab der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts ziehen sich die Fugger nach und nach als Gewerken aus dem Bergbau zurück und der staatliche Bergwerkshandel übernimmt die fuggerschen Abbaue.

Familie Fugger

 

Familie Jenner in Klausen

Aufschließung >

Aufschließung

Die Fundstelle und den darauf errichteten Einbau in Form eines Stollens oder eines Schachtes nannte man „Fundgrube“.

Solche Fundgruben kann man heute noch am Seeberg auf der Villanderer Alm finden. Unweit des prähistorischen Schmelzplatzes befindet sich ein   e breite Mulde mit drei Bergseen, von denen zwei nur seicht sind, während der dritte, der Schwarzsee, ziemlich tief zu sein scheint. Dort findet man noch einige gemauerte Stolleneingänge und Abräumhalden. Der Bach der von den Seen in Richtung Sarntal abfließt, trägt heute noch den Namen „Knappenbach“. Auch beim Bergwerk Villanders gibt es einen als Fundgrube bezeichneten Stollen aus unbekannter Zeit. Er liegt auf circa 1410 m Meereshöhe. Der Einbau besteht aus einem sehr breiten, bergein neigenden Tagverhau, dem große Mengen erzhaltigen Gesteins entnommen wurden. Dies ist der höchstgelegenste Stollen vom Bergwerk Villanders.

Das Hauptabbaugebiet vom Bergwerk Villanders, „Rotlahn“ genannt, wurde im Laufe der Jahrhunderte durch zahlreiche Stollen „durchlöchert“, das bis heute ein Streckennetz von ca. 23 Km erreicht.

Ursprünglich war man wohl auf der Suche nach den Edelmetallen Gold, Silber und Kupfer, in späteren Jahrhunderten hat man sich schließlich realistischerweise auf Kupfer und Zink beschränkt. Interessant ist, dass die höhergelegenen Grubenbaue älter sind als die tiefergelegenen, das heißt sie wurden in abnehmender Höhe angelegt.

 

Die Familie Fugger

Die Knappenkirche St. Anna >

Die Knappenkirche St. Anna

Das 1736 erbaute Heiligtum ist eng mit dem Villanderer (Pfunderer) Bergwerk verbunden. Die seelsorglichen Bestrebungen verdichten sich aufgrund einer stärker werdenden einheimischen Knappenschicht in der Frühen Neuzeit. So weihte Fürstbischof Caspar Ignaz Graf Künigl am 30. Oktober 1722 für die Knappen bei den Erzgruben am Pfunderer Berg einen Tragaltar, ein Portatile, auf dem die Messe, auch im Freien, gelesen werden konnte. Darin schloss Künigl Reliquien der Märtyrer Vinzenz, Eusebius und Viktor ein. Am 26. Juli 1724 konnte dann der Villanderer Pfarrer Franz Vigil von Coreth
mit Erlaubnis des Trienter Fürstbischofs Anton Dominikus von Wolkenstein- Trostburg (amt. 1726–1730) eine Kapelle zu Ehren der hl. Barbara (!) benedizieren, die von den Bergknappen errichtet worden war. Hier überrascht das Patrozinium der Bergwerksheiligen Barbara, welches dann für den Nachfolgebau zugunsten der hl. Anna abgeändert wurde, an deren Festtag die erste Kapelle dediziert worden war. Anna und Barbara standen demnach von Anfang an in der Präferenzenliste der Knappschaft. Der erste kleine Bau, der an einem vom heutigen Standort abweichenden Platz nahe den Verhüttungsbauten stand, wie dies aus einer Manuskriptkarte mit der geografischen Erfassung des Villanderer Bergbaues von 1726 hervorgeht, wurde 1736 nach Ersuchen der Knappschaft, vertreten durch Johann Thomas Spruner de Merz, auf die heutigen Ausmaße vergrößert. Die entsprechende Genehmigung erteilte Fürstbischof Dominikus Anton von Thun (amt. 1730–1758) am 5. Mai 1736, Pfarrer von Spruner wurde delegiert, den Grundstein zu setzen. Dem Gesuch nach sollte der Raum eine Länge von 40 Werkschuh und eine Breite von 20 Werkschuh haben, um so besser für den „concursus populi“ gerüstet zu sein, und zudem mit einem Glockenturm versehen sein. Der Bischof erlaubte den Bau ausschließlich aller pfarrlichen Rechte und der Anlegung eines Friedhofes. Das Patrozinium zur hl. Anna, der Mutter Mariens, gründet in ihrem speziellen Bergleutepatronat, welches sich auch an weiteren Bergwerksheiligtümern zeigt.
Der Bau
Die Bauformen der Kirche sind einheitlich und verraten eine gewiss einfache Ausführung. Von der Bauform her gibt es Berührungspunkte mit der Wallfahrtskirche Maria Saal in Mittelberg am Ritten, sodass von einer Bauhütte aus dem Umfeld der Delai in Bozen auszugehen ist, wobei vor allem Giuseppe Carlo Delai (um 1670–um 1737) in Frage kommt, der 1735 auch St. Mauritius in Moritzing gebaut hatte. Seinem einfachen Baucharakter nach ist der Kirchentyp mit Kapuzinerkirchen zu vergleichen. Der Bau besteht aus einem gerade abschließenden, nur leicht einspringenden Chorraum mit seitlichem Turm. Die beiden Glocken sind in Brixen verwirklichte Güsse vonJoseph Grasmair. An der größeren finden sich Reliefs einer Kreuzigungsgruppe, der hl. Barbara, des hl. Josef, der Mariahilf, des hl. Joachim und von Bergwerksknappen. In der Inschrift verewigte sich der Gießer selbst: „Joseph Grasmair gos mich mit Gotes Hilf in Brixen 1728“. An der kleineren Glocke wiederholt sich die Gießerinschrift, als Reliefs scheinen neben der Kreuzigungsgruppe Johannes der Täufer, Antonius von Padua und Florian auf.

Die Fassade bestimmt eine größere steingerahmte Vierecktür zwischen zwei Fenstern. Eine rundbogige flache Bildnische zeigt eine zeitgenössische Interpretation der Bergwerksheiligen Anna, Daniel und Barbara mit einer Ansicht des Kirchleins. Es ist eine Arbeit von „Gallmetzer“ von 1938, der im selben Jahr den Hintergrund für einen Ölbergchristus mit der Darstellung der schlafenden Jünger im Innern malte und signierte. Es ist nur naheliegend, dass sich hinter dem Namenszug der Bildhauer Valentin Gallmetzer (1870–1958) aus Klausen verbirgt, zumal die Qualität der Malerei nur das Mittelmaß berührt. Gallmetzer hatte in jungen Jahren bei Thomas Riss (1871–1959) Zeichenunterricht genommen. Der Ölberg dürfte aus dem Andreasstollen herrühren, wo ein solcher 1921 aus dem Kassianstollen übertragen worden war. Es ist gut denkbar, dass es dann dieser war, der, versehen mit einer neuen Kulissenmalerei, 1938 in die Kirche kam.

Über dem Eingang schneidet ein Lünettenfenster ein, die Giebelöffnung greift die Form des Vorhangbogens auf, das unter dem Scheitel in Stein gehauene Bergwerkssymbol der überkreuzten Hämmer verweist auf die Funktion als Knappenkirche. Das Innere ist stichkappengewölbt, im engeren Chorraum überwiegt der Charakter der schwer lastenden Tonne, die Kappen liegen auf schmalen profilierten Gesimsstücken auf, eine Rhythmisierung bilden die Rechteckfenster, deren Laibung innen flachbogig ausgebildet ist. Im Westen war eine Empore mit leicht vorspringendem Mittelteil eingebaut, die von außen erschlossen war. Diese wurde, da sekundär eingestellt, anlässlich der Restaurierung 1986 entfernt. Die letzte bauliche Sanierung der Kirche fand unter Aufsicht des Landesdenkmalamtes 2007 statt. Dabei mussten auch bauliche Schäden behoben werden, an der Altarwand hatten sich Senkungsrisse aufgetan. Der durch Schlagregen gefährdete Bau wurde verschleudert und die Fassaden durch das Anbringen von Regenrinnen geschützt. Nach Anlegung einer Drainage konnte der Außenputz ausgebessert und saniert werden, die Anstriche wurden erneuert. Die Sanierung betraf zudem Altäre und Kirchen bänke.

Die Weihe der Kirche erfolgte im Rahmen der Bischöflichen Visitation am Samstag, den 9. August 1749 Die Weihe nahm der Trienter Weihbischof Bartolomeo Antonio Passi, episcopus Pellensis (1693–1774), vor. Dieser weihte die Kirche der größeren Ehre Gottes, der hl. Anna und der hl. Barbara, in den Altar wurden Reliquien des hl. Martinus, des hl. Clemens, Victorinus und Theodorus eingesetzt. Zudem gewährte der Weihbischof den unüblichen Ablass von 365 Tagen, der am Kirchweihfest gewonnen werden konnte, welches er auf den zweiten Sonntag im Juli festlegte. Zu diesem Zeitpunkt besaßen die Kirche und die Knappenbruderschaft einen Kontostand von 900 Gulden.

Lebendiger Knappenkult

Liturgisch spielte die Kirche in den alten Kirchenkalendern eine im Kirchenjahr fest verankerte Rolle. Wochenmessen fanden nach dem Kalender jeweils am Dienstag statt. 1772 wurden der Kirche Ablässe für die St. Barbarabruderschaft gewährt, die Papst Clemens XIV. bereits am 6. Dezember 1771 bestätigt hatte, zudem wurde der Hochaltar „alle Sambstäg“ und in der Seelenoktav privilegiert, sodass hier in dieser zeitlichen Beschränkung für die in der Messintention genannten Verstorbenen vollkommene Ablässe gewonnen werden konnten. Von einer Verlegung der wöchentlichen Samstagmesse auf Dienstag ist 1840 die Rede. Der 1772 bei Johann Cassian Krapf in Brixen gedruckte Bruderschaftszettel übernahm einen Kupferstich der Augsburger Stechermanufaktur Klauber, der Barbara als Patronin für einen „guten Tod“ inszeniert.

Die kultische Bedeutung der Knappenkirche erfuhr ihre volksfromme Konjunktur im 18. Jahrhundert. Hatten die ersten devoten Kultgänge anlässlich des Barbaratages in die Leonhardskirche nach Kollmann geführt, so änderte sich im 18. Jahrhundert der Kirchenkalender. Der Barbaratag wurde in der Rotlahn zunächst für die Barbarabruderschaft mit zwei festlichen Ämtern gefeiert, zudem gab es eine Beicht- und Kommuniongelegenheit, um den vollkommenen Ablass zu gewinnen. So erklärt sich letztlich auch die Notwendigkeit zweier Altäre in St. Anna. In der Pfarrkirche gab es zu einem festgesetzten Termin ebenfalls zwei Ämter, ein Seel- und ein Lobamt. Im Mittelgang wurde der Katafalk für das Totengedenken der verstorbenen Knappen errichtet, vor dem das „Libera“ gesungen wurde. Der Gottesdienst in der Pfarrkirche hatte eine besonders offizielle Note. Hier gingen die Mitglieder ihrem Rang nach geordnet zum Opfer (Kommunion). Und nach den Gottesdiensten ging man zum „Betriebsessen“ ins Wirtshaus, wo auch die Geistlichkeit zum Essen geladen war. Doch auch das Jahr über behauptete die Kirche ihre Wichtigkeit. So gab es Extra-Gottesdienste am Katharinentag, am Kassianstag wurde in der Kirche ein Amt gehalten, beim Gerichtsumgang am Goldenen Freitag war die Kirche Stationsort für die Evangelien. Die Knappschaft zog jedoch immer noch mit dem Bittgang nach Bruck (Waidbruck). Einen festen Termin gab es dafür nicht, der Termin konnte bestimmt werden, ebenso die Anzahl der mitgehenden Geistlichen. Man zog von der Pfarrkirche aus mit dem Kreuz zunächst in die Loretokapelle auf der Frag, wo ein Kapuziner die Messe las, die zweite Messe für die Knappschaft zelebrierte dann der Kurat von Waidbruck in der dortigen Jodokuskirche. Nach dem Gottesdienst löste sich die Versammlung auf der anderen Seite der Brücke auf, es gab nun noch Gelegenheit zum geselligen Zusammensein. Die Messe am Kassianstag verwundert, da die Kirche sich ja auf Trienter Bistumsboden befand. Das festliche Begehen des Tages des Brixner Bistumsheiligen hängt mit den Knappen zusammen, die aus Latzfons zuströmten und für die es am 13. August verpflichtend war, den Gottesdienst zu hören. An allen „verlobten Feiertagen“ gab es demnach in Rotlahn eine Messe, wobei sich die Feiertage nach den Kalendern beider Bistümer
richteten. Die Kirche war Adressat mehrfacher Stiftungen. So stiftete der Erzknappe Thomas Ploner „zur Ehre Gottes und zu Hülf der Armen Seelen“ 1802 nach jeder in der Kirche gehaltenen Messe fünf Pater noster und fünf Ave Maria, die im lauten Vortrag „abgebethet“ werden sollten. Das Stiftungskapital von insgesamt 75 Gulden wurde aus dem Lisnhof entrichtet, der jährliche Zins sollte 2 Gulden betragen. Die überschüssigen Beträge sollten in die Kirchenbeleuchtung fließen. Einen päpstlichen Ablass gewährte Pius VI. (amt. 1775–1799) am 18. Dezember 1778 für die Altäre der Kirche, mit der besonderen Applikation der Armen Seelen. Man kann darin auch das Bedürfnis erkennen, besondere Vorsorge für Verstorbene zu treffen, die vielleicht früher als erwartet verstarben und nun nach volksfrommer Vorstellung im Fegefeuer büßen. Aus der Kapelle stammt eine am 28. März 1700 von Kardinal Caspar de Carpineo (1625–1714), Titularbischof von Sabina bei Rom, unterzeichnete Reliquienauthentik für körperliche Reste der Katakombenheiligen Columba, welche aus dem Coemeterium des Cyprianus entnommen wurde. Die Reliquie wurde dem geistlichen Herrn Dionysius Bellinzari zum Geschenk gemacht. Der römische Generalvikar verband sein Beglaubigungsschreiben mit der Erlaubnis, die Reliquie auch öffentlich auszustellen und zu verehren. Ihm waren nämlich 1672 alle Vollmachten übertragen worden, in den römischen Katakomben Reliquien zu erheben. Bekannt ist die Antikensammlung des Kardinals, welche vor allem seltene römerzeitliche Münzen umfasste. Doch investierte er seine Leidenschaft auch in die Hebung von Katakombenreliquien, die er mit entsprechenden Authentiken versah. Es ist nicht auszuschließen, dass der Reliquiennachweis aus dem Kontext des Loretoschatzes in Klausen stammt. Die Kapelle besaß auch eine Reliquienkapsel mit Reliquien der hl. Anna und der hl. Barbara, welche nach Ausweis von Pfarrer von Spruner vom 8. September 1736 zur öffentlichen Verehrung ausgestellt werden durfte. Die Bruderschaft hatte sich in direkter Verwaltung bis 1785 um die Belange der Kapelle gekümmert. Seit 1973 befindet sich die Kirche in Landeseigentum. Pfarrer Bertagnolli beklagte anlässlich der Visitation 1938, dass der italienische Staat ab 1924 die gestifteten Messen nicht mehr finanzierte. Ab
diesem Zeitpunkt war die Kirche nur mehr Veranstaltungsort einer Messe und des Bittganges vor Christi Himmelfahrt. Das Bergwerk war 1785 zur Staatsdomäne erklärt worden. So sind auch die Restaurierungen in den letzten Jahrzehnten mit Landesmitteln bestritten worden. 1985 wurde die Kirche
neu mit Lärchenschindeln eingedeckt. 1986 erfolgten die Ausbesserung der Putzschäden sowie die Neukalkung des Innenraumes. Auch wurde das in die Pfarrkirche verbrachte Altarblatt durch die Firma Pescoller restauriert.

Die Barbarabruderschaft

Die päpstliche Urkunde zur Errichtung der Barbarabruderschaft datiert vom 6. November 1771, formal errichtet wurde sie aber erst mit bischöflicher Genehmigung am 29. März 1772. Die Satzung der frommen Vereinigung sah vor, sich zunächst eines „auferbaulichen und gottseeligen Lebenswandl“ zu befleißigen, täglich um eine gute Sterbestunde zu beten, nämlich ein Vaterunser und ein Ave Maria zu Ehren der hl. Barbara, an den Ablasstagen zu beichten und zu kommunizieren sowie an den Gottesdiensten am Barbaratag teilzunehmen. Der vollkommene Ablass sei von allen zu erlangen, am Aufnahmetag, im Moment der Wegzehrung (Krankensalbung), dann am einmalig festgelegten Bruderschaftsfest, mit Besuch der Bruderschaftskirche, von der Zeit der Vesper am Vortag bis zu Sonnenuntergang am Fest selbst, verbunden mit einem Gebet um Frieden und Einigkeit unter den christlichen Potentaten, der Ausrottung der Ketzereien. Die Ablassfrist wurde auf sieben Jahre und sieben Quadragenen festgesetzt. Ein Ablass von 60 Tagen werde allen gewährt, welche an den Bruderschaftsmessen teilnehmen, Obdachlose beherbergen, sich gegen Streit stellen und sich für Frieden einsetzen, anlässlich der Beerdigung eines Mitglieds der Bruderschaft bei Teilnahme am Begräbnis, sooft sie theophorische Prozessionen (Umgänge mit dem Allerheiligsten) begleiteten oder auch den Geistlichen auf dem Versehgang ihr Geleit antrügen, oder bei Verhinderung beim abgegebenen Glockenzeichen ein Vater unser und ein Ave Maria sprechen, bei fünffacher Abbetung der Bruderschaftsgebete für ein verstorbenes Mitglied, auch bei Bekehrung und Zurechtweisung der Sünder, bei christlicher Belehrung und bei allen christlichen Liebesdiensten. Eine Ausweitung erfuhr die Bruderschaft 1776, als auf Ersuchen von Pfarrer von Coreth auch anderweitige Personen, welche nicht dem Bergwerk angehörten, in die Vereinigung aufgenommen wurden, um der Ablässe teilhaftig zu werden.

Das Vermögen der Kirche war offensichtlich im 19. Jahrhundert noch beträchtlich, sodass es von Seiten der Berg- und Salinenbuchhaltung in Hall 1834 eine Nachfrage gab. Diese bezog sich auf die Art und Weise, wie das Vermögen der Kirche unter der Verwaltung des Hüttenamtes Klausen zustande
kam und ob denn das Vermögen ursprünglich zu anderen Zwecken als zur Bestreitung der Auslagen für die Abhaltung der Gottesdienste bestimmt war. In der Beantwortung der Frage wurde darauf verwiesen, dass das Vermögen insofern unter die Verwaltung des Hüttenamtes kam, als die Kirche von den Bergleuten des Pfunderer Bergs errichtet worden war und die Kirche nach dem Übergang des Bergbaus an das Ärar weiterhin im Eigentum der Knappschaft verblieb. Bei Gottesdiensten wurden „Kuffen“ geopfert, das Vermögen war stets nur zur Bestreitung der Gottesdienste und der Beschaffung der Paramente bestimmt.

Die Altäre

Der Hochaltar ist in Stuckmarmor gestaltet, der Aufbau ist viersäulig, das Jesusmonogramm ziert die Kastenmensa. Der Tabernakel besteht aus Holz und ist marmoriert. Das heute zum Bestand gehörige Altarblatt datiert ebenfalls aus der Entstehungszeit des Altaraufbaus und gehört stilistisch in das Werk eines namentlich unbekannten Malers, der seine stilistischen Wurzeln im weiteren venezianischen Einflusskreis hatte: Zuoberst thront Maria mit dem Kind auf einer Wolkenbank, ihr nähert sich ihre Mutter Anna, die bei Grasmair demütig die Hände vor der Brust kreuzt, an Altarblatt eher als Mittlerin der Knappen auftritt. Rechts ist Barbara positioniert, die am Bozzetto auf einer Wolke sitzt und dem Betrachter den Hostienkelch und die Märtyrerpalme zeigt. Auf der irdischen Ebene sitzen Johannes der Evangelist und der Prophet Daniel mit einem Löwen zu seinen Füßen. Ein wesentlicher Unterschied besteht in der Schilderung des Bergbaus, der am Altarblatt ins Bild rückt. Hier sind die Buden gezeigt sowie der Bremsweg für die Karren. In der Komposition scheint jene Grasmairs durch, welche Jennewein auf die ihm eigene Art interpretierte. Zum Altarblatt schuf Johann Georg Dominikus Grasmair (1694–1760) um 1736 einen Entwurf, der jedoch vermutlich nicht ausgeführt wurde. Der vorbereitende Bozzetto befindet sich in der Sammlung Arnold im Benediktinerstift Altenburg in Niederösterreich. Er weicht von der überlieferten Variante ab, sodass Johann Kronbichler annimmt, es berufe sich auf das Bozzetto Grasmairs, wandelte dieses aber ab. Der Volutengiebel nahm die Dreifaltigkeit umgeben von Engeln auf, die Gruppe ist heute deponiert. Die schwebende Heiliggeisttaube wurde durch das Rundfenster in der Altarwand hinterleuchtet. Die Kartusche zuoberst, begleitet von zwei Blumenvasen, präsentiert das Marienmonogramm. Die Seitenstatuen stellen Josef und Johannes den Täufer dar Die Qualität des Altars, der einen Marmoraufbau fingiert, ist beachtlich. Die reliefierten Teile sind in Weiß gehalten. Der Altartypus erinnert sehr an die Altäre in St. Mauritius in Moritzing, welche von Franz Hannibal Bittner (dok. 1730–1761) geschaffen wurden. Bittner stammte aus Spittal an der Drau (Kärnten), zusammen mit seinem Sohn Joseph wurde er 1731 in Bozen als Inwohner aufgenommen. Noch aus dem Jahr der Inwohneraufnahme stammt
die Stuckdekoration im Festsaal des Ansitzes Longo in Neumarkt, wofür Giacomo Antonio Delai die Deckenbilder schuf. 1735 folgte, wiederum gemeinsam mit Delai, die Raumdekoration in St. Mauritius in Gries, dabei entstanden auch die Stuckaltäre und die Kanzel. 1736 übernahm das Künstlergespann die Ausstattung der Spitalkirche in Bruneck, erst 1758 kam es zur Fertigung der dortigen Stuckaltäre. Mehrere Altäre zählen noch zu Bittners Werk: der verlorene Stuccolustro-Altar in der Pfarrkirche von Latsch, der Kapellenaltar in der Bichlkirche in Latsch, dann die Altäre für St. Anna in Lana (1745), die Nikolauskirche in Neumarkt und für St. Isidor in Kampenn. Im Ansitz Seebegg in Klausen verwirklichte Bittner zusammen mit Maler Delai die Stuckierung und Ausmalung des Festsaales.

Hannibal Bittner arbeitete darüberhinaus mit dem Bildhauer Georg Mayr dem Jüngeren zusammen, der 1710 in Bozen seine Werkstatt eröffnet hatte. Er war der Sohn des Bildhauers Georg Mayr des Älteren, der zahlreiche Skulpturen für den Kalvarienberg in Bozen geschaffen hatte. Der Jüngere war nach einer ersten Ausbildung in der väterlichen Werkstatt nach Salzburg und Wien gezogen. Namentlich bekannt ist sein Auftrag für die Luzienkirche in Unterinn, auch dürfte er der Autor der Skulpturen in St. Verena in Rotwand bei Lengstein sein. Für die Bozner Gnadenkapelle entwarf er den Silberaltar. Mit Bittner arbeitete er an der Erstellung des Gipsmodells für den Bozner Neptunbrunnen zusammen.

Der heute durch den dreisten Diebstahl vom 23. Oktober 1964 im Dekor dezimierte und zuletzt 2008 restaurierte Seitenaltar426 ist der Mariahilf geweiht. Erhalten hat sich der weißpolimentierte und vergoldete Rocaillerahmen mit der marianischen Gnadenbildkopie. Der hölzerne und vergoldete Dekor der Mensaverkleidung ist nur geringfügig zerbrochen, auf eine Rekonstruktion der Fehlstellen wurde 2008 verzichtet. Das Motiv zeigt den Doppeladler, am Herztondo erscheint das Marienmonogramm, darunter das Wappen der Bergwerksinhaber Jenner (Bär mit geschulterter Traube). Damit ist ein Bezug geschaffen, Maria, in diesem Fall den „habsburgischen“ Gnadenbildtypus Mariahilf, als „Patrona Austriae“ zu sehen. Karl Atz konnte sich noch über die angebliche Geschmacklosigkeit des Barocks lustig machen, die er in der Anwendung eines scheinbar profanen Motivs anprangerte. Im Doppeladler zeigt sich das Kaiserhaus, das hier dem Schutz Mariens unterstellt wird. Über dem Drehtabernakel war einmal die Innsbrucker Gnadenbildwiederholung angebracht, die sechs Statuen zeigten die Apostelfürsten Petrus und Paulus, die Gesundheitspatrone Sebastian und Rochus sowie die Feuer- und Wasserheiligen Florian und Johannes von Nepomuk. Gerade die Verehrung des hl. Johannes von Nepomuk erfuhr durch den Trienter Weihbischof Bartolomeo Antonio Passi eine Förderung, dieser hatte die Lebensbeschreibung des Prager Kanonikus 1736 in Venedig herausgegeben. Das Programm ist auf die Bergwerksfrömmigkeit abgestimmt. Für Petrus und Paulus sind die Attribute bestimmend, das Schlüsselpaar aus Gold und Silber, das Schwert aus Metall. Nicht auszuschließen, dass am Vorgängeraltar ein Ölbild eingesetzt war, welches die hll. Florian und Barbara zeigte, und wofür Weingartner eine Zuschreibung an Grasmair in Betracht zog. Gerade diese Heiligenauswahl kommt neben Daniel auch an den Kirchenfahnen der Knappen vor. Das Familienwappen der Jenner kann konkret auf Joseph Anton von Jenner bezogen werden, der in jenen Jahren Bergwerksverweser am Pfunderer Berg war. Der Stifter war der Sohn des Johann Baptist von Jenner (1677–1717) und der Katharina Apollonia Sterzinger von Siegmundsried zum Thurm in der Breite, er wurde 1706 in Klausen geboren und verstarb dort 1775. In erster Ehe war er mit Maria Monika von Lama verehelicht, welche allzu jung im Kindsbett verstorben war, in zweiter Ehe mit Maria Johanna von Leytner, aus deren Ehe 17 Kinder hervorgingen. Das Wappen mit dem pochenden Bergknappen, welches sich in den Feldern 2 und 3 befindet, kam unter Michael Jenner hinzu, der 1693 mit dem Prädikat von Vergutz in den rittermäßigen Reichsadel erhoben wurde. Das Herzschild zeigt eine laufende Trappe, es handelt sich hier um das Wappen der Vogl aus Schwaz. Johannes Georg Vogl, Bergmeister am Pfunderer Berg, hatte sich am 23. Juni 1779 mit Veronika Hafner, der Tochter des Richters Michael Hafner aus Klausen, vermählt. Vogl stammte aus der Schwazer Bergbautradition, sein Vater war Oberschachtmeister.

Vom Diebstahl verschont blieb das Maria-Hilf-Bild in einem weißpolimentierten und vergoldeten Holzrahmen mit Rocailleaufsatz. Dagegen blieben von den beiden das Bild stützenden Engeln nur mehr kümmerliche Reste erhalten. Es ist dem Frühmesser Josef Schguanin zu verdanken, dass ein relativ vollständiger Bericht der entwendeten Skulpturen erstellt werden konnte. Demnach verschwanden vom Hochaltar die Büsten der hll. Joachim und Anna, der Jesuitenheiligen Franz Xaver und Ignatius von Loyola, zweier kerzentragender Engel sowie zwei Barockleuchter. Außerdem fielen den Dieben auch die über den Chorstühlen aufgestellten Skulpturen der hll. Ottilia (H. 54 cm), Florian (H. 33 cm), Urban (H. 36 cm), Ottilia (H. 31 cm), der Apostelfürsten Petrus und Paulus (H. 29 cm) sowie zweier Engel in die Hände. Vom Seitenaltar verschwanden die beiden das Mariahilfbild haltenden Engel sowie die Skulpturen der hll. Johannes Nepomuk, Florian, Sebastian und Rochus, vier Rokokoleuchter und eine Skulptur des Herrn im Elend (Christus in der Rast) von Valentin Gallmetzer mit Maria und Johannes. Vasa sacra besitzt die Kirche keine mehr, der Barockkelch fiel im Herbst 1934 Dieben in die Hände, im Jahr darauf wurde aus der Pfarrkirche in der Nacht vom 11. auf den 12. April 1935 das Ziborium aus dem Hochaltartabernakel entwendet. Die Kanzel ist am evangelienseitigen Übergang vom Chor ins Langhaus platziert, die Ausführung ist einfach, die Fassung stammt aus dem späteren 19. Jahrhundert. Die beiden Chorstühle zu Seiten des Hochaltars sind durch ein Türchen verschließbar, etwas reicher ist der Stuhl an der Evangelienseite ausgebildet. Am gegenüberliegenden Stuhl hatte wohl der Bruderschaftsvorstand seinen Kirchenplatz.

Aus Buch Kirchen in Villanders von Leo Andergassen

 

 

< Aufschließung

Der Niedergang >

Der Niedergang

Unwetterschäden beim Pucher

August 1921

Doch es dauerte nicht lange, dass ein Unwetter das Thinnetal heimsuchte und die Straße zum Teil wegriss. Es dauerte 15 Jahre bis sich die österreichische Regierung entschloss die Thinnetalstraße wieder herzurichten und infolgedessen den Bergbau aufs neue ins Leben zu rufen. Kurz vor dem 1. Weltkrieg lies Österreich das Bergwerk endgültig auf.

Nach dem Krieg kam das Bergwerk in italienischen Besitz. Ein neuer Stollen (Viktor Emanuel – Stollen) wurde angeschlagen, in der Hoffnung auf eine große Erzausbeute. Doch wieder war es höhere Gewalt die dem Bergbau still-legte. 1921 suchte eines der größten Unwetter die Gegend um Klausen heim. Wiederum wurde die Straße und auch das Pochwerk größtenteils zerstört. Auch Klausen litt schwer unter der Überschwemmung. Angesichts dieser Umstände stellte der italienische Staat den Bergwerksbetrieb ein.

Lediglich im Zuge des 2. Weltkrieges wurden nochmals Arbeiten im Franz und Viktor Emanuel Stollen von neun italienischen und einem deutschen Knappen durchgeführt. Dies waren die letzten ordentlichen Knappen im Bergwerk Villanders  am Pfunderer Berg.

 

Die Knappenkirche St. Anna